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Die Historie der 50–jährigen Reparatur der Kirche

von Dipl. Ing. Martin Horst

Die Geschichte der 50–jährigen Reparatur der Kirche St. Liborius in Haldensleben. Durch Zuwanderungen und vor allem auch durch viele osteuropäische Gastarbeiter weitete sich die katholische Kirchengemeinde zu Beginn des 20. Jahrhunderts aus. So wurde schließlich 1937 der Bau einer katholischen Kirche in Haldensleben genehmigt und durchgeführt. Bereits zwei Jahre später war die katholische Kirche St. Liborius fertig gestellt und beherbergt bis heute die katholische Gemeinde aus Haldensleben. Mit einem feierlichen Pontifikalamt weihte am 21.05.1939 Weihbischof Augustinus Philipp Baumann aus Paderborn die neu erbaute kath. Kirche in Haldensleben. Schutzpatron wurde der hl. Liborius. Also hatten wir nach langem Warten 1939 kurz vor Kriegsausbruch in Haldensleben ein neu errichtetes Gotteshaus! Toll. Die Kirche war schlicht und einfach in ihrem An- und Aussehen. Es wurde ja ein großer Krieg vorbereitet, und bei der Planung und Baugenehmigung wurde hinten und vorne gespart. Statt der beantragten 8,0 to. Baustahl wurden nur 800 kg, und an Zement wurden nur 2/3 der benötigten Menge genehmigt. Keine Glocke, keine Orgel, eine Kreuzigungsgruppe aus Pappmaschee über dem Altar. Die einzigen schmückenden Elemente waren die 6 schönen Bleiglasfenster, die die 7 Sakramente symbolisieren: Taufe, Firmung, Ehe, Busse, Priesterweihe, Eucharistie und Krankensalbung. Das sich aber durch den Mangel an Stahl und Zement eine Zeitbombe in Form gravierender Bausünden, und daraus resultierender und anhaltender, ständiger Restaurierungs-, Renovierungs- und Stabilisierungsarbeiten verbarg, ahnte damals noch keiner. Und so kam es, dass 1949/50 nach etwa 10 Jahren in den Bögen der Seitenschiffe sich die ersten Risse zeigten, und immer mehr Putz herunter fiel. Kirchenvorstand, Pfarrer und prädestinierte Gemeindemitglieder steckten ratlos die Köpfe zusammen. Aber so richtig schien keiner das Problem erkannt zu haben, denn die Risse wurden verputzt und man gab sich der Hoffnung hin, dass es sich „nur“ um Setzungserscheinungen des Baukörpers handeln könnte, die sicher irgendwann aufhören. Denn die Kirche war auf moorigem Grund errichtet. Inzwischen war eine Glocke und eine Orgel eingebaut worden. Die Glocke kam 1947 vom Glockenfriedhof aus Hamburg; sie wurde wie sich später herausstellte etwa um 1100 gegossen, und hatte erhebliche Schäden. Sie bekam einen oberschlächtigen Glockenstuhl aus Stahl. Als dann aber die horizontale Rissbildung weiter zunahm und sich später sogar vertikal zwischen den Außenwänden und der Sakristeiwand fortsetzte, war wieder guter Rat teuer. Das war ca. 1960/65. Wieder wurden die Schadstellen zugeputzt und die sich bereits lockernden Mauersteine mit Zementmörtel wider befestigt. Die Risse waren jetzt schon ca. 3-5 cm breit. Die Kirche bekam einen wunderschönen Kreuzweg aus Mosaik. Nun sah die Kirche mit den Reparaturflecken natürlich sehr unschön aus. Also musste sie gestrichen werden. Und damit erlitt sie eine weitere schwere Bausünde. Damals war in der DDR Latexfarbe schwer in Mode. Sie war leicht zu verarbeiten, mit hoher Deckkraft und äußerst wischfest. Was aber noch nicht bekannt war, und sich erst später herausstellte, sie war nicht diffusionsoffen. Und so kam es, das nach einigen Jahren sich quadratmetergroße Putzplacken lösten, und abzufallen drohten. Derweilen ging es aber mit der schrittweisen Ausgestaltung und Verschönerung des Kircheninnenraumes immer weiter. Die Liboriussäule, der Michael über dem Portal kamen hinzu. Wir sind jetzt etwa im Jahre 1970-78. Damals hatte die im Kirchenkeller installierte Kohleheizung bereits ausgedient, und die Gemeinde hustete während der Wintermonate wegen der eindringenden Rauchgase mehr als sie sang. und die Temperaturen im Winter waren unangenehm. Der neueste Schrei war eine Gasinfrarotheizung in der Kirchendecke der Seitenschiffe. Die Deckenheizung wurde eingebaut; eine Gasleitung wurden von der Straße zur Kirche verlegt, die Kohleheizung aus dem Keller ausgebaut und Gaszähler installiert. Und immer half fleißig die Gemeinde mit. Der senkrechte Riss in der Sakristeiwand hatte mittlerweile eine breite von ca. 12cm angenommen und der Seitenbogen vorn rechts, begann zu reißen und der Verband sich von der Außenwand zu lösen. Jeden Sonntag glitten die Blicke der Gemeinde sorgenvoll zur Kirchendecke. Inzwischen fielen schon größere Putz- und Steinbrocken aus den Seitenbögen herunter und die Risse wurden immer breiter. Es wurde allerhöchste Zeit die Ursache der Baumängel zu beseitigen. Ein eingehendes Studium der Bau, und Genehmigungsunterlagen von 1937/38, eine genaue Bauwerksuntersuchung und genaueste Vermessung der Kirche erbrachte die Erkenntnis: Der Kirche fehlte ein Ringanker der die Kräfte des dominanten, vergleichsweise riesigen Daches schadlos über die Außenwände in die Fundamente ableitete. Das dominante Dach, das noch dazu quer zur Hauptwindrichtung stand, drückte zusätzlich durch den Wind wie ein Segel die Außenmauern wegen des fehlenden Ringankers keilförmig auseinander, so dass die Kirche oben an den Seitenwänden schon ca. 12 – 16 cm breiter war als unten. Dadurch entstanden die Risse, die inzwischen schon bedrohliche Maße angenommen hatten. Dem Angriff des Windes fielen außerdem regelmäßig bei den Herbst- und Frühjahrsstürmen mehrere m2 Ziegelfläche zum Opfer. Das wiederum führte dazu, dass sich der Dachraum und der Turm in einen großen Taubenschlag mit dem entsprechenden Dreck verwandelten. Beim Bau der Kirche hatte der Baumeister in seiner Verzweiflung wegen des wenigen Stahls und Zements sein Heil in der massiven Ausbildung der Fundamente gesucht. Er hatte den Dachstuhl mit zusätzlichen Trägerelementen verstärkt. Die horizontalen Kräfte des Daches auf das Mauerwerk hat er mit Kistenbandeisen abzufangen versucht, das er quer über den Bögen positionierte. Das hat auch funktioniert, bis das Bandeisen nach 10 Jahren durchgerostet war. So begann 1949/ 50 die Baufälligkeit. Die Kirche wurde im März 1989 von den Behörden als baufällig erklärt und geschlossen. Die Gemeinde zog nach dem Osterfest in das Gemeindehaus um. Es wurde ein Konzept zur Reparatur der Kirche erarbeitet; die Kirche genauestens vermessen und eine Statik angefertigt. Es begannen umfangreiche Bauarbeiten. Jetzt traten die ganzen Schäden erst richtig und massiv zu Tage, bis hinein in den Turm und die Glocke. Während die DDR in den letzten Zügen lag, und die Wende Ihren Lauf nahm. Die Kirchenreparatur. Nachdem die Bänke ausgeräumt waren, wurde das Gotteshaus innen und außen vollkommen eingerüstet. Gemeindemitglieder begannen mit kleinen Glaserhämmern cm2 für cm2 die Latexfarbe von den Wänden zu entfernen, und dabei hohle Putzstellen zu erkennen. Die Bleiglasfenster wurden ausgebaut um komplett neu verbleit zu werden. Die Fensteröffnungen wurden mit folienbezogenen Faserplatten gegen Witterungseinflüsse verschlossen. Nach einem halben Jahr kam dann ein Fenster nach dem anderen zurück und wurde wieder eingebaut. Extra dafür wurde eine neue Befestigung der Fenster in den Sandsteinöffnungen entwickelt. Spezialmaurer trugen die Innenbögen ab und mauerten sie wieder auf, nachdem die Queranker gespannt waren. Dann wurden 3 Spannzüge von einer Fensterseite zur anderen mit Widerlagern aus Doppel T Stahl gebaut, und versucht die Wände mit Spannschlössern von Bergepanzern der Roten Armee wieder zusammen zu ziehen. Wenn es auch im Gebälk gewaltig krachte, es gelang bis auf wenige cm. Die Bohrlöcher für die Spannanker durch die Wände und Pfeiler wurden eingemessen. Eine Stahlbaufirma hat die entsprechenden Anker gefertigt und eingebaut. Die Löcher durch Wände und Pfeiler wurden mittels einer Diamantbohrkrone gebohrt. Und genau in diesen Bohrpositionen tauchten die Reste der Kistenbänder des Baumeisters wieder auf. Nachdem die Spannanker eingebaut, die Druckplatten vorgesetzt und die Spannmuttern angezogen waren stand die Kirche fest und sicher. Bis heute, 12.02.2015, hat sich kein Riss mehr gezeigt. Großer Gott wir loben dich… Um zukünftig Sturmschäden am Dach zu vermeiden, wandte sich die Gemeinde 1990 an den Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Herrn Albrecht, und bat um eine Spende in Form von befestigungsfähigen Biberschwänzen. Problemlos kamen die Dachziegel und Edelstahlnägel nach 4 Wochen bei uns an. Als letzte Arbeit folgte die Reparatur der Glocke. Sie wurde in Nörthlingen in einer Spezialfirma geschweißt. Sie bekam einen neuen Glockenstuhl aus Eiche. 2001 wurde sie geweiht und wieder in den Turm eingebaut. Da nun ganz andere Kräfte im Turm zur Wirkung kamen, wurde eine ganz neue Turmsicherung entwickelt, die die Kräfte der schwingenden Glocke direkt auf die Betonbalken des Mittelschiffes ableitete. Nachdem dann die Rüstung wieder abgebaut, die Kirche einen neuen Kalksilikatanstrich erhalten hatte, und gesäubert war, wurde noch ein neuer Dielenboden eingebaut und am 1. Advent 1991 zog die Gemeinde mit einem feierlichen Hochamt wieder in die Kirche ein. Seit diesem Tag, also seit 25 Jahren hat sich kein Bauschaden mehr ereignet.

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